Prinzessin Fürchterlich und Herr Rosarot – eine Geschichte für Kinder

14 Mai, 2021

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Hallo, hier schreibt Daniela.

Ich unterstütze dich dabei, eine respektvolle und authentische Beziehung zu Kindern zu leben, ohne dabei deine eigenen Bedürfnisse zu vernachlässigen. Auf meinem Blog findest du Infos zur Pikler-Pädagogik, Tipps rund um das Leben mit Kindern, sowie Spielideen und Geschichten. Mach es dir einfach, lehn dich zurück und genieße.

Es war einmal eine Königin, die „Prinzessin Fürchterlich“ genannt wurde. Wieso fragst du?

Weil sie immer ein grantiges Gesicht machte. Sie hatte dicke Furchen auf ihrer Stirn, ihre Mundwinkel wurden auf beiden Seiten weit runtergezogen und es gelang ihr nur selten und mit größter Konzentration, ein freundliches Gesicht zu machen.

Schon als kleines Mädchen war sie stets schlecht gelaunt. Und deshalb wurde sie von allen Dienern, Bauern und sogar von ihren Eltern und Geschwistern „Prinzessin Fürchterlich“ genannt.

Was aber weit schlimmer als ihr grantiges Gesicht war: dass sie kaum einen freundlichen Satz sagen konnte. Es kam immer nur Geschrei und Geschimpfe aus ihrem Mund. Dabei war es aber nicht so, dass sie nicht freundlich sein wollte. Oft stand sie stundenlang vor ihrem Spiegel, übte freundliche Gesichter und höfliche Sätze. Eines Tages wollte sie zu ihrem Volk sprechen. Sie wollte sich bei den Bauern für die gute Ernte bedanken, sie wollte dem Bäcker sagen, wie sehr sie sein Brot liebte und ihrem Schneider erzählen, welch Freude sie mit ihrem neuen Kleid hatte.

Aber trotz des vielen Übens passierte folgendes: Als sie den Mund öffnete um zu sprechen, schrie sie: „Also wirklich, ihr dummes Bauernvolk, könnt ihr euch nicht ein bisschen mehr bemühen? Und auch der Bäcker sollte sich einmal um ein wirklich gutes Rezept kümmern. Außerdem muss ich dem Schneider noch sagen, dass er gepfuscht hat, wie man nur pfuschen kann. Feinste Seide an meinem Kleid? Ha, dass ich nicht lache, ihr Hosenfurzer!“

Und gleich nach dem Geschimpfe schlug sie sich die Hand vor den Mund und sagte: „Tut mir leid, es ist schon wieder passiert!“

Oft musste sie auch weinen, denn wirklich, sie wollte keine Prinzessin Fürchterlich mehr sein.

Und die Bauern und der Schneider und der Bäcker? Sie wollten nicht beschimpft werden. Deshalb mochten sie die Königin auch nicht und nannten sie weiter „Prinzessin Fürchterlich“. Dass sie sich jedes Mal danach entschuldigte, war für sie uninteressant. Sie schimpfte ja dennoch gleich wieder.

Ihr Mann hingegen, der König, wurde König Lieblich genannt. Er war stets freundlich, verständnisvoll und man hörte ihn nie schreien oder schimpfen. Er wollte so gerne seiner Königin helfen, wusste aber leider nicht mehr weiter. Jeden Tag übte er mit ihr, freundliche Worte zu sprechen. Er stand mit ihr vor dem Spiegel, er lobte und motivierte sie, aber es nützte alles nichts. Prinzessin Fürchterlich war einfach ein hoffnungsloser Fall.

Eines Tages kam ein besonderer Mann in das Schloss: Herr Rosarot. Er kam in einer rosaroten Kutsche, die von vier weißen Pferden gezogen wurde. Die Räder der Kutsche waren pink und die Rahmen der Türen violett. Herr Rosarot hatte einen rosa Anzug an, sein Zylinder war pink, sein Hemd strahlend weiß. Seine Schuhe waren vorne spitz und natürlich auch rosa. Die Knöpfe seines Anzugs glitzerten weiß und silbern. Man könnte jetzt glauben, sein Anblick raubte einem den Atem, aber so war es dann doch nicht. Herr Rosarot war sehr klein gewachsen und er war alt, ein wenig runzelig, aber er lächelte. In einer Hand hielt er einen rosaroten Stock, auf dem ein winziger rosaroter Drache saß.

„Ich bin gekommen, um Prinzessin Fürchterlich zu sehen“, sagte er zum König. „Ich bin der Mann, der ihr helfen kann…hmhmhm.“ (Das hmhmhm zum Schluss sagte er ganz leise und langsam, wie ein alter Mann das eben tut)

Er reichte der Königin ein winziges Fläschchen mit einem rosa Zaubertrank und sagte zu ihr: „Von diesem Fläschchen musst du jeden Morgen einen kleinen Schluck machen, dann wird dein Problem gelöst sein.“

Am nächsten Morgen nahm Prinzessin Fürchterlich also einen kleinen Schluck von dem Zaubertrank und machte sich auf den Weg zum Frühstück. Der Tisch war wunderbar gedeckt, es gab lauter rosa und lila Dinge zum Essen: Erdbeertorte, Heidelbeerjoghurt, Pflaumenkompott, Himbeereis, Rote-Rüben-Suppe und Radieschensalat.

Ein Diener stand vor der Türe und begrüßte sie ernst: „Guten Morgen, Prinzessin Fürchterlich!“

Sie wollte gerade sagen, wie schön sie den Frühstückstisch fand, aber stattdessen schrie sie: „Ach du meine Güte, wer hat das denn gemacht? Ich sollte euch Nudelköpfe in den Fluss werfen lassen!“

Wieder schlug sie sich die Hand vor den Mund und entschuldigte sich, wie sie es gewohnt war: „Tut mir leid, es ist schon wieder passiert!“ Sie beschloss, für heute lieber gar nichts mehr zu sagen und ging stattdessen zu Herrn Rosarot.

Traurig erzählte sie ihm, dass sein Trank nicht gewirkt hat. Herr Rosarot grübelte kurz (dabei strich er dreimal mit seiner Hand durch seinen rosa Kinnbart) und reichte der Prinzessin ein rosarotes Haarband: „Du musst am Morgen zuerst den Zaubertrank trinken, danach flechtest du dieses Band in dein Haar. Dann wird dein Problem gelöst sein!“ Am nächsten Morgen nahm Prinzessin Fürchterlich also einen kleinen Schuck von dem Zaubertrank und flocht das Band in ihre Haare. Danach machte sie sich auf den Weg zum Frühstück. Da begegneten ihr ein Stallbursche und ein Zimmermädchen. Beide senkten den Kopf und begrüßten sie mit ernsten Worten: „Guten Morgen, Prinzessin Fürchterlich!“

Auch diesmal war der Tisch wieder wunderbar gedeckt. Sie wollte gerade sagen, wie schön sie das alles fand, aber sie schrie: „Oh mein Gott, womit habe ich das verdient! Lauter Pfurzpflaumen um mich herum!“

Wieder schlug sie sich die Hand vor den Mund und entschuldigte sich, wie sie es gewohnt war: „Tut mir leid, es ist schon wieder passiert!“ Sie beschloss, für heute lieber gar nichts mehr zu sagen und ging stattdessen zu Herrn Rosarot.

Herr Rosarot grübelte wieder, diesmal etwas länger und dabei sagte er immer wieder: „hmhmhmhm“, so wie alte Männer es eben tun. „Da hilft nur noch eins!“ Er flüsterte dem porzellanenen Drachen auf seinem Stock etwas zu, reichte ihn der Königin und sagte: „Mit diesem Stock musst du morgens aufstehen. Es ist wichtig, dass du morgen mit dem linken Fuß aufstehst und danach mit Hilfe des Stockes ins Badezimmer hüpfst. Dann wird dein Problem gelöst sein!“

Herr Rosarot ging aber auch zum König und ließ den Schneider, den Bäcker, die Köchin und alle anderen Menschen, die noch im und außerhalb vom Schloss wohnten, zusammenkommen. Zu dieser versammelten Menge sagte er, so laut er sprechen konnte: „Ab heute wird niemand mehr die Königin Prinzessin Fürchterlich nennen! Ab heute ist es strengstens verboten, jemals wieder diesen Namen zu benutzen. Ihr werdet sie ab sofort nur noch Königin Lieblich nennen!“

Am nächsten Morgen wachte die Königin auf, erinnerte sich an den Stock, nahm ihn und versuchte damit aufzustehen. Da der Stock so klein war, musste sie sich tief hinunterbeugen und es war gar nicht so leicht, so aufzustehen. Die Königin musste ein bisschen lachen, weil sie schon lange keine solchen akrobatischen Übungen mehr gemacht hat. Sie setzte ihren linken Fuß als erstes auf den Boden, stützte sich dann auf den winzigen Stock und hüpfte damit ins Badezimmer. Das fand sie so lustig, dass sie gleich noch ein bisschen weiter hüpfte. Sie stützte sich mit beiden Händen auf den Stock und hüpfte einmal im Kreis herum. Da öffnete der Drache sein winziges Maul und spuckte ihr feines rosa glitzerndes Pulver ins Gesicht. Das Pulver kitzelte die Königin in der Nase, weshalb sie etwa 36 Mal niesen musste. Das brachte sie dazu, noch mehr zu lachen. Sie musste so viel lachen und niesen, dass sie kaum mehr aufhören konnte. Vor lauter Lachen vergaß sie sogar auf ihren rosa Zaubertrank.

So gut gelaunt und fröhlich machte sie sich auf den Weg zum Frühstück. Dabei begegnete sie dem Stallburschen der sie lächelnd begrüßte. Er nahm den Hut von seinem Kopf, verbeugte sich und sagte: „Einen schönen guten Morgen, meine liebe Königin Lieblich!“

Und dann tanzte sie zum Frühstückstisch, immer noch lachend. Als sie die wunderbaren Speisen sah, sagte sie: „Oh, wie schön das heute wieder aussieht!“

Herr Rosarot, Prinz Lieblich und die Dienerschaft konnten es gar nicht glauben. Sie lachten mit ihrer Prinzessin, klatschten in die Hände und freuten sich. Der Tag, an dem Prinzessin Fürchterlich zur Königin Lieblich wurde, wurde vom König zum Feiertag erklärt. Bevor Herr Rosarot wieder abreiste, schenkte er ihr seinen Stock und empfahl ihr, von nun an jeden Tag auf diese Weise aufzustehen.

Und so ist es immer noch. Königin Lieblich feiert heute ihren 96. Geburtstag und sie steht immer noch mit dem winzigen Stock und dem linken Bein auf. Glaub mir, jeden Morgen hüpft sie wie eh und je damit ins Badezimmer und hat immer noch jede Menge Spaß daran!

Wenn du den Zylinder von Herrn Rosarot nachmalen magst, findest du ihn hier!

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