Frederick – eine Bilderbuchempfehlung für den Herbst

Frederick – eine Bilderbuchempfehlung für den Herbst

Ich sitze bei fast 30 Grad im September in meinem Garten und lasse mir die Sonne ins Gesicht scheinen. Die Wärme auf meiner Haut verursacht ein wenig Gänsehaut. Solange ich die Augen geschlossen habe, höre ich das Rascheln der Maisblätter im Feld neben mir. Ein beruhigender, unregelmäßiger Ton, manchmal lauter, manchmal leiser, aber er verschwindet niemals. Wenn ich die Augen öffne, muss ich blinzeln, weil das Hell des Sonnenlichtes mein Gehirn kurzfristig überfordert. Es dauert ein wenig, bis ich wieder scharf sehen kann. 

Ich sehe dieses intensive Herbstblau des Himmels, das mit dem Gelbbraun der Felder und dem satten Grün der Bäume harmoniert. Ich sehe, wie die Farben der Äpfel stärker werden und sie in der Sonne glänzen. 

Und wenn ich in das erfrischende Wasser im Pool steige, dann wird mein ganzer Körper wach und muss sich bewegen. Bewegungen, die einfach passieren, ohne großes Nachdenken. Ich tauche unter, die Kälte lässt mich frösteln und gleichzeitig will ich lachen und schreien, weil ich mich darin so lebendig fühle. 

Ich denke an das Kinderbuch von Leo Lionni, das ich schon als Kind kannte und als Mama so oft vorgelesen habe. Ich fühle mich wie Frederick, die Maus, die sich nicht sichtbar an den Vorbereitungen für den Winter beteiligt. 

Frederick – die Maus, die nicht arbeitet

„Frederick, warum arbeitest du nicht?“ fragten sie.

„Ich arbeite doch“, sagte Frederick, „ich sammle Sonnenstrahlen für die kalten, dunklen Wintertage.“

aus Frederick (Leo Lionni)

Während die Mäusefamilie Tag und Nacht daran arbeitet, ihren Wintervorrat einzulagern, sammelt Frederick statt Nüsse, Getreide und Samen lieber Sonnenstrahlen, Farben und Worte. Frederick sammelt das Glück des Sommers. Und obwohl seine Mäusefreunde zunächst skeptisch sind, ist Frederick derjenige, der ihnen mit all seinen gesammelten Schätzen durch den langen Winter hilft. 

Denn sobald die Vorräte aufgebraucht sind, wollen die Mäuse im grauen kalten Winter nicht einmal mehr miteinander sprechen. Doch was ist mit Fredericks Vorräten?

Frederick zaubert mit seinen Geschichten Wärme und Farben in das Wintergrau und schenkt damit seinen Mäusefreunden Trost und Freude.

Leo Lionni gelingt es, den schwelenden Konflikt zwischen den Mäusen zwar sichtbar zu machen, aber ihn nicht zum vorrangigen Thema zu machen. Denn durch Fredericks Stärke, sich bei seiner Arbeit nicht stören zu lassen, bekommt der Konflikt einfach keinen Raum. Frederick ist selbstbewusst bei der Sache, widerspricht den skeptisch fragenden Kollegen und scheint genau zu wissen, was er zu den Wintervorbereitungen beitragen kann.

Frederick’s Kunst zu erzählen, zu dichten und Stimmungen zu erzeugen bekommt auf den letzten Seiten des Bilderbuches eine besondere Wertschätzung. Mit bunten und ausdrucksstarken Bildern erzählt Lionni von der Wirksamkeit der Erzählkunst.

persönliche Altersempfehlung

Die allgemeinen Altersempfehlungen erstreckt sich in den meisten Fällen zwischen 3 und 7 Jahren. Meiner Erfahrung nach macht die einfache Sprache „Frederick“ auch für jüngere Kinder zugänglich.

Die Botschaft über Kreativität, Individualität und die Bedeutung von Kunst und Geschichten kann für ältere Kinder immer noch ansprechend und relevant sein. Die Geschichte von „Frederick“ bietet eine wunderbare Diskussionsgrundlage für Familien, Kindergärten bis hin zur Grundschule.

Ich schätze vor allem die ausdrucksstarken Illustrationen des Bilderbuches. Sie sind nicht überladen, sondern konzentrieren sich auf das Wesentliche. Mit einfachen Linien, Formen und Farben gelingt es Leo Lionni, Stimmungen einzufangen, die auch schon Kinder ab zwei Jahren verstehen und begeistern können.

Frederick – ein persönliches Fazit

Die Botschaft des Buches ist zeitlos. Das Bilderbuch ist eine Hommage an die Individualität des Einzelnen in einer Gemeinschaft. Immer noch bewegen wir uns in einer Welt, in der wir unterschiedliche Begabungen oder Handlungen bewerten. In der Menschen vorgefertigte Vorstellungen von Leistung haben und sie tagtäglich beurteilen. In einer Welt, in der nicht messbare Aktivität kaum wertgeschätzt wird.

Doch wie messbar ist Leistung und wer entscheidet, welche Leistung wichtiger für eine Gesellschaft ist?

Ich selbst ertappe mich noch oft dabei, das Gefühl zu haben, NICHTS zu tun. Nichts Tun fällt uns deshalb so schwer, weil wir noch nicht gelernt haben, dass NICHTS TUN nicht NICHTS TUN ist. Das NICHTS ist so VIEL. Es ist heilsam, den Moment zu genießen, zu staunen und im Hier und Jetzt zu sein. Alle Eindrücke aufzusaugen, wie ein Schwamm, damit ich später davon zehren kann.

Frederick ist der Dichter, der Künstler, der Erzähler, der Maler. Derjenige, der Freude und Lachen bringt. Der uns staunen lässt und uns Achtsamkeit lehrt. Der das Leben reicher und erfüllender gestaltet. Der über das reine Überleben hinaus agiert und uns mehr von der Welt zeigt, als wir vielleicht sehen können.

Eine Gesellschaft braucht den Geschichten erzählenden Frederick genauso, wie die Mäuschen, die sich der physischen Beschaffung von Ressourcen widmen.

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Meine 3 wichtigsten Buchempfehlungen zum Thema Geschwisterstreit

Meine 3 wichtigsten Buchempfehlungen zum Thema Geschwisterstreit

Eines meiner Steckenpferde ist die liebevolle Begleitung von Kindern in Konflikten. Dass das in meinem SpielRaum und im Kindergarten viel einfacher ist, als mit meinen eigenen Kindern, ist kein Geheimnis. Schon als junge Mutter wollte ich unbedingt wissen, WARUM meine Kinder unbedingt streiten und wie ich ihnen dabei liebevoll zur Seite stehen kann, ohne sie zu bewerten, zu vergleichen oder zu beschämen.

Hier stelle ich dir die drei Bücher vor, die ich persönlich am Wichtigsten halte. Vermutlich reicht es, wenn du eines davon hast, ich persönlich möchte keines davon missen. Alle Bücher sind leicht zu lesen, äußerst praxisnah und gespickt mit realitätsnahen Tipps und Möglichkeiten zur schnellen Umsetzung.

1) „Hilfe, meine Kinder streiten“ (Adele Faber/Elaine Mazlish)

* ISBN: 978-3963040115

Ich fand dieses Buch auf einem Flohmarkt, als meine Kinder noch sehr klein waren. Die Erstausgabe ist aus dem Jahr 1987. Mittlerweile ist das Buch in der 3. Auflage erschienen. Adele Faber und Elaine Mazlish haben damit ein Werk geschaffen haben, in dem eine respektvolle und empathische Kommunikation im Vordergrund steht.

Dieses Buch ist das Ergebnis zahlreicher Elterngesprächsrunden. Durch diese echten Erzählungen hat man als Elternteil das Gefühl, nicht allein mit seinen Schwierigkeiten zu sein. Wer so wie ich Geschichten mag, liest sich schnell durch einen nützlichen Leitfaden, Konflikte auf positive Art und Weise zu begegnen. Und die auflockernden Comics zwischendrin motivieren zur direkten Umsetzung.

2) „Geschwister als Team“ (Nicola Schmidt)

* ISBN: 978-3466311040

Wer die Bücher von Nicola Schmidt kennt und sich gerne vom artgerecht-Ansatz inspirieren lässt, wird auch dieses Buch gerne lesen. Die Autorin geht auf die individuellen Bedürfnisse jedes Kindes ein (auch auf besondere Bedürfnisse), unterstreicht, dass jedes Kind einzigartig ist und seine eigenen Stärken und Schwächen hat. Sie ermutigt Eltern, diese Unterschiede anzuerkennen und zu nutzen, um Geschwisterbeziehungen zu stärken.

Nicola Schmidt geht auf verschiedene Altersstufen von der Geburt bis ins Erwachsenenalter ein und erklärt, aus welchen Gründen Konflikte in den verschiedenen Phasen entstehen können. Vor allem aber legt die Autorin den Fokus darauf, was Eltern dazu beitragen können, damit Kinder eine starke und liebevolle Beziehung zueinander aufbauen können. Diese Buch enthält wertvolle Tipps und Anleitungen, die leicht umzusetzen sind und zu einer harmonischen Geschwisterbeziehung beitragen können. 

3) „Das Geschwisterbuch“ (Danielle Graf/Katja Seide)

* ISBN: 978-3407865786

Danielle Graf und Katja Seide setzen sich in diesem Buch intensiv mit Beziehungen zwischen Geschwistern auseinander. Sie erzählen liebevoll und empathisch über die Not des Erstgeborenen und beschäftigen sich mit unterschiedlichen Gründen, warum Geschwister überhaupt miteinander streiten. Das Buch enthält zahlreiche praxisnahe Tipps und Lösungsmöglichkeiten zu den verschiedenen Situationen. Ob es um die Aufmerksamkeit der Eltern geht, um gefühlte Ungerechtigkeit, „Erster Sein Wollen“ oder darum, wer entscheidet – dieses Buch kann auch als schnelles Nachschlagewerk für bestimmte Situationen benutzt werden.

Mir persönlich gefällt der Zugang, dass es wichtig und richtig ist, dass Kinder über Entscheidungen und Wünsche streiten dürfen und es die Aufgabe der Eltern ist, sich über die Regeln, wie weit ein Streit ausarten darf, zu einigen.

…Immerhin formt das ihren moralischen und sozialen Kompass und schärft außerdem ihr Persönlichkeitsprofil. Dispute helfen dabei, eigene Vorlieben, Geschmäcker und Individualität zu entwickeln und voneinander abzugrenzen.

* ISBN: 978-3407758088

Zum oben vorgestellten „Geschwisterbuch“ gibt es dieses wunderbare begleitende Bilderbuch. Es erzählt liebevoll die ambivalenten Gefühle des Erstgeborenen Toni. Einerseits freut er sich über das Baby, andererseits vermisst er die uneingeschränkte Aufmerksamkeit seiner Eltern, die er jetzt teilen muss. Ein einfühlsames Begleitbuch für junge Geschwisterkinder!

Viel Spaß, Freude und AHA-Momente wünsche ich dir beim Lesen 🙂

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